Seine Welt präsentiert sich in einem Licht, die Optimisten und Verfechter von launigen Sommersongs kaum verstehen werden. Sein Alias zeigt sich seit Projektstart in kunstvoller Schlichtheit mit einem Hauch Apathie. Und ihn fasziniert das theatralische, um nicht zu sagen: Das Dramatische. Der Berliner Paul Camillo Schroeder ist bekannt als Aparde und kommt nach längerer Produktionspause für Feelectronica.de mit einem kostenfreien Track an den Start, der ganz speziell ist. Wie alle seine Stücke.
Aparde bezeichnet sich selbst als jemanden, der lieber weniger sagt als viel redet. Einer der lieber im Hintergrund agiert und beobachtet, als den Mittelpunkt zu suchen. Ja, sogar als einen mit einer tendierend kritischen Einstellung zu vielen Dingen des Lebens. Das steht erst einmal in krassem Widerspruch zum DJ- und Produzententum an sich. Denn wie Christian Prommer einmal im Interview mit Feelectronica.de sagte, muss man als DJ einfach etwas „drüber“ sein und sinngemäß die Einstellung besitzen: „Ich habe hier etwas, und das müsst ihr hören, denn es ist gut.“
Doch „gut“ ist ein untertriebenes Kriterium für Apardes Musik: Über die Qualität des 26-jährigen werden nur wenige streiten. Wäre die Musik ein Wald, würde man bei Aparde in dichtes Gestrüpp stolpern, in einen Abschnitt knorriger düsterer Bäume voller Geschichte um sich dann auf einer weiten erleuchteten Lichtung wieder zu finden und zu verlieren. Denn die dramaturgisch orientierten Tracks, die mit ihrer meist stakkato und progressiv kommenden Bassline einen vorwärts treiben, sind nicht nur der erste Akt eines hochinteressanten Musikprojekts, sondern auch im Nachgang meist hochemotional.
Halbes Jahr Arbeit an neuer EP
Neue Musik ist dabei schon unterwegs: „Seit rund sechs Monaten arbeite ich an der nächsten Veröffentlichung, bis jetzt sind dabei insgesamt um die 12 Tracks entstanden wobei der Fokus vorerst auf drei Stücken liegt, die in Form einer Ep veröffentlicht werden sollen.“ Liefern muss er dabei nicht, aber es sind bereits einige Labels im Gespräch. Dafür setzt sich der Livekünstler selbst unter Druck. Sogar etwas zu viel, wie er sagt. „Mein Gefühl sagt es wird Zeit, dass es weiter geht. Mein Bewusstsein sagt, der Weg ist wichtiger als das Ziel.“
Aparde und Amnesie. Gibt es mittlerweile auch zum kostenfreien Download.
Debüt im Sisyphos
Nach den letzten Remixveröffentlichungen, unter anderem für Groj & Vandid, Mauro Norti, Max Cooper, einigen Podcasts, Interviews und dem einen oder anderen Experiment in Form von postklassischem Klavier und Gesang, ist auf seinem Soundcloudprofil eine längere Uploadpause festzustellen. Trotzdem war der gebürtige Usedomer alles andere als untätig. Nach einigen Gigs in den letzten zwei Jahren, auch im europäischen Ausland, gab Aparde sein Debüt in einem der Kultclubs der Hauptstadt. Dem Sisyphos. „Ich habe das Closing am Strand gespielt und es war wie oft unerwartet gut.“ Dennoch ist sich der Soundtüftler im Vorfeld seiner Gigs unsicher. Er könne zu wenig einschätzen, wie die Leute auf seine Sounds reagieren. „Meine Musik hat so eine Dramaturgie, die Struktur unterscheidet sich stark von Techno, an den man sonst im Club gewöhnt ist.“ Und doch findet der Act seine Bestimmung in den Live-Sets. „Erst beim spielen und der Resonanz der Menschen zeigt sich die Essenz der Sache.
Dramatische Komponente der Musik als Teil der eigenen Natur
Auffällig an den Stücken des 26-Jährigen ist die emotionale, dramatische Anmutung der Arrangements. Eine Persönlichkeitsfrage: „Ich denke es liegt an der Art wie ich mein Umfeld wahrnehme. Auch meine Einstellung gegenüber der gesellschaftlichen Entwicklung und dem Menschen generell. “Hier fällt dem Produzenten ein Zitat ein: Johnny Cash – ‚I wear the black for the poor and the beaten down’. „Ich denke das ist ein Statement dafür, ein gesundes Bewusstsein seines Umfelds zu wahren und nicht jede Konvention aufzunehmen oder umzusetzen.“ Genau diese Gedankengänge machen ein Gespräch mit Paul so interessant, der großen Wert auf seine Formulierungen legt und dafür manchmal auch ein paar Sekunden nach Worten sucht.
Seine musikalischen Einflüsse liegen dabei fast auf der Hand. „Aktuell höre ich gerne die Sachen von Lake People, Christian Löffler, Sieren, Parra for Cuva, Egokind und Ozean, auch weil mich deren Werdegang interessiert. Favoriten sind immer noch Leute wie Jon Hopkins, Moderat, Burial, Four Tet, Stephan Bodzin, Max Cooper, Bonobo, Nils Frahm. Neue Favoriten sind unter anderem Gesaffelstein, Ten Walls aber auch Portico Quartett, Ben Howard oder die Projekte von Bon Iver.“
Ziel: Unabhängigkeit & Ausgleich als Musiker
Um das Projekt Aparde am leben und spannend zu halten, möchte Paul, der auf dem Land aufwuchs und jetzt in einer WG in Berlin-Lichtenberg lebt, sich musikalisch weiterentwickeln. „Nach vielen Gesprächen mit Freunden, Kollegen und Labels, vor kurzem mit Riley Reinhold von Traumschallplatten, hatte ich eine Reflektionsphase die meine aktuellen Produktionen beeinflussen. Ich arbeite nicht mehr nur alleine, halte mehr Korrespondenz und hatte interessante Koproduktionen u.a. mit einer talentierten Sängerin. Die neuen Sachen sind Cluborientierter und mehr konzeptionell produziert. Weniger Instrumente und Dramaturgie, dafür liegt der Fokus auf der Qualität der Sounds und der Bearbeitung der Arrangements und auf einer starken Basis jedes einzelnen Tracks, worum es im Endeffekt geht.“ Denn letztendlich steht das Ziel, selbstständig und unabhängig als Musiker zu arbeiten. Seit 2012 verfolgt er bereits dieses Ziel und ist damit derzeit unter anderem als Ersatzdrummer von Jan Blomquist auf Tour.
Wir freuen uns für Paul, dass er seinen FREELECTRONICA-Track “Equal” noch nachträglich von einem namhaften Label signen lassen konnte. Daher ist der Free Download deaktiviert. Danke für euer Verständnis.