Es ist 1.39 Uhr. Die Menge auf der gut gefüllten Tanzfläche im Bauch des alten rot-weißen Kahns in Würzburg wiegt im Takt des treibenden Sounds. Zwischen dunklen Bullaugen und buntem Farbspektakel des „Boots“ ist weder ausrasten noch Stillstand angesagt. Es ist genau das, was technoide Musik so attraktiv macht. Ein stetiger Fluss von spannenden, oftmals gleich bleibenden Motiven mit satten Bässen. An diesem Abend live gespielt von Schlepp Geist.
Sebastian Geist wirkt mit seinen etwa 1,90 Metern, dem lässigen 10-Tagebart und einem schlichten schwarzen Shirt wie einer, der auf dem Teppich geblieben ist. Wie einer, mit dem ein entspannter Abend auch entspannt bleibt. „Ich selbst sehe den Erfolg nicht so, wie es andere tun. Ich sehe mich nicht als jemanden, der es geschafft hat. Ich finde es toll, dass es so funktioniert und ich davon leben kann. Man weiß aber trotzdem nie, wie es weitergeht“, reflektiert der 33-Jährige überlegt.
Wurzeln im Drum & Bass
Als Kind der 80er wächst Schlepp Geist mit HipHop, Jazz, Soul und Funk auf. Mit Anfang zwanzig entdeckt er Drum & Bass und erstmals auch Breakbeat. Diese Phase beschreibt den Startschuss seiner Karriere, er beginnt mit dem Produzieren von Drum&Bass- sowie Downbeattracks. Nach einiger Zeit kommt immer mehr House, Techno und Minimal dazu. 2007 zieht Geist zum Studium von Rostock nach Berlin. Im Mekka der elektronischen Musik werden seine Produktionsversuche ernsthafter – sein Tontechnikstudium bildet als Nährboden dabei keinen Nachteil.
Erste Releases auf Underyourskin
Die ersten Releases auf Underyourskin und Bondage Music lassen nicht lange auf sich warten. Vielleicht liegt das gerade am speziellen Sound des 33-Jährigen, der eben nicht immer haarklein auf die Szene geschustert ist: „Ich kümmere mich eben nicht nur um die Dancefloors in den Clubs“, sagt Geist. Dass er natürlich auch anders kann, bewies er als Openingact des international bekannten Fusion Festivals.
Zurück nach Rostock
Vor knapp zwei Jahren heißt es für Sebastian Geist wieder Kommando zurück. Denn nicht nur die Liebe zur Musik bestimmt sein Leben. Für seine Freundin zieht er wieder zurück in seine Heimat, nach Rostock. Für ihn bedeutet das allerdings keinen musikalischen Rückschritt: „Wir haben in Rostock eine wunderbare Szene“, schwärmt der Produzent. „Mit Leuten wie Daniel Nitsch ist das möglich. Wir haben viele kleine Crews, die sehr bemüht sind und das toll machen. Eben mit guten Bookings und Partys, die fetzen.“
Disziplin als wichtiger Baustein
Tatsächlich gehört das Feiern gehen am Wochenende nicht nur zur beruflichen Pflicht des Tontechnikers: „Ich bin eher weniger der Playstationzocker. Da kann ich lieber gleich Musik machen. Und am Wochenende bin ich dann meist unterwegs und gehe entweder auflegen oder privat feiern.“ Unter der Woche führt Geist zeitlich das Leben eines Angestellten. „Ich bin da sehr diszipliniert. Ich gehe vormittags immer ins Studio und komme nachmittags nach Hause.“ Berufsmusiker kennen diesen Turnus.
Releases für 2014 fast durchgeplant
Derzeit steht sein aktueller Track “Keep It On The Streets“ auf Voltage Musique im Verkauf. Hier ist er mit Künstlern wie Tigerskin oder auch Andreas Henneberg vertreten. „Es ist natürlich eine große Ehre mit solchen Leuten auf einer Platte zu sein. Ich schätze die Sachen von Andreas Henneberg sehr. Deshalb freut es mich, dass ich dabei bin“, bewertet Geist. Auch für den Rest von 2014 ist das Meiste schon in trockenen Tüchern. „Demnächst kommt ein Remix für Marcus Meinhardt, dann ist im März noch ein Remix für Oliver Schories geplant. Ausserdem wartet eine EP auf Ritter Butzke Studio (RBS) und eine Kollaboration mit einem Freund aus der Schweiz, die auf Dabayks Label ‘Fenou’ erscheint“, verrät der Rostocker bereits vorab. „Dieses Jahr kommt sehr viel eigenes, was schon in Sack und Tüten ist.“
Hört hier Schlepp Geists neuen Track auf dem Label Voltage Musique. Weiter unten im Text folgen Infos zum Release “Les Amis”.
Schlepp Geist: „Ich werde etwas weg vom Deephouse gehen“
Soundtechnisch soll es dann auch in eine neue Richtung gehen. Ab sofort nimmt sich Schlepp Geist eine einmonatige Auszeit, um an seinem Liveset zu Arbeiten. Mitte März feiert das Set dann Premiere im Berliner Club Ritter Butzke. „Es wird ein komplett analoges Liveset, ohne Computer“, freut sich Geist. Und verspricht dabei eins: „Die nächsten Releases werden schon zeigen, dass ich mich verändere. Mein Ziel ist es, mich dem Sound anzunähern, den ich in meinem Kopf habe. Ich werde etwas weg vom Deephouse gehen. Ihr werdet hören, es wird technoider.“
Schlepp Geist auf Facebook.
Schlepp Geist auf Soundcloud.